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Paesina, polierte Platte 36 x 27 mm (Italien) |
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Vorwort Seit vielen Jahren begegnen mir bei Steinhändlern und Kollegen, auf Messen und Mineralienbörsen jene geheimnisvollen Steine, in welchen man die Welt "en miniature" zu sehen scheint. Fast jeder Händler hatte einige dieser Kuriositäten, Landschaftsachate und Jaspise, Moosachate, Dendriten- und Baumachate, Gesichtersteine und Landschaftsmarmore in seiner Kollektion. Besonders die Steine, welche bei uns u.a. Landschafts- oder Ruinenmarmor genannt werden, faszinierten mich und sollten mich während der nächsten fast 20 Jahre nicht mehr loslassen. Der eine oder andere Stein wurde gekauft und verschwand in meiner großen Sammlung. "Landschaften" wurden im Laufe meiner künstlerischen Arbeit ganz allmählich zu meinem Lebensinhalt. Ich unternahm Reisen nach Norwegen, Jütland, Schweden, ins Tessin, nach Italien. Während eines Italienaufenthaltes fand ich in der Toscana, in der Nähe der alten Etruskerstadt Volterra, meinen ersten "eigenen" Landschaftsmarmor! Er wurde im Atelier zersägt, geschliffen und poliert und ergab einige sehr schöne Steine, die ich zu Schmuck verarbeitete. Von nun an ging ich die Sache systematisch an. Zusammen mit meiner Familie oder mit Freunden durchkämmte ich in den folgenden Jahren den Apennin von Nord nach Süd. Fluß für Fluß, Bach für Bach wurde abgesucht, von der Emilia bis in die Campania. Nun wurde ich Stammgast in Bibliotheken und ging auf eine literarische Reise; begegnete Marcus Vitruvius Pollio und Gaius Plinius Secundus, Seneca und Raimundus Lullius, Albertus Magnus, Georg Agricola und Athanasius Kircher, kämpfte mich durch niemals zuvor übersetzte lateinische Folianten und strapazierte meine geringen Kenntnisse des Lateinischen und Italienischen bis aufs Äußerste. Ich korrespondierte mit Spezialisten der verschiedensten Fachrichtungen in ganz Europa; immer wieder neue, interessante Details kamen ans Licht. Das Ergebnis dieser Jahre ist eine Sammlung von vielen Hundert der schönsten geschliffenen Paesine, zusammengetragen aus mehreren europäischen Ländern; ein umfangreiches Fachwissen auf speziellen Gebieten der Geologie und Literatur, der Schleiftechnik, des Kunsthandwerks und der Kunstgeschichte. Zum Nachdenken: "...die Gebirge aber hatte die Natur nur für ihre eigenen Zwecke gebildet, teils um die Eingeweide der Erde durch feste Bande mit einander zu verknüpfen, teils um den Ungestüm der Ströme in Schranken zu halten, die Fluten zu brechen und den mindest ruhenden Teilen durch ihre härtesten Stoffe Halt zu gebieten. Wir aber durchhauen sie und schleifen sie fort und zwar zu keinem anderen Zweck, als zur Befriedigung der Lust; sie, deren Übersteigung schon wunderbar scheint. Unsern Voreltern erschien es fast als abenteuerlich, daß Hannibal und später die Cimbrer die Alpen überstiegen hatten, und jetzt zerhauen wir dieselben zu tausend Arten von Marmorblöcken, öffnen dem Meere den Zutritt in die Vorgebirge und schaffen das Mark der Erde heraus ans Freie."1 |
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Paesina, polierte Platte 36 x 27 mm (Italien) |
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Historisches Lange galt allgemein das Weltbild des Aristoteles, des "Vaters der Wissenschaften". Dieser wohl bedeutendste griechische Philosoph und Naturforscher lebte von 384 - 322/321 v. Chr. Er war ein Schüler Platons und der Erzieher Alexanders des Großen. Noch 1592 zwang man Galileo Galilei, der als Gegner der Physik des Aristoteles dessen Lehre über den freien Fall der Körper widerlegte, zur Aufgabe seiner Stellung als Lektor der Mathematik in Pisa. 1613 mußte, er von der Indexkongregation nach Rom geladen, Stillschweigen versprechen und, wegen Ungehorsams verurteilt, am 22. Juni 1633 in Rom seinen "Irrtümern und Ketzereien" abschwören. Der gelehrte persische Arzt Ibn Sina (980-1037), in Europa Avicenna genannt, stellte eine Theorie von der "vis plastica" auf, einer bildenden Kraft in der Erde, welche in der Lage sei, allerlei tierische, pflanzliche und andere Formen, wie Buchstaben, Ziffern, ja sogar Heilige, Städte, Hügel und Täler in Stein nachzuahmen. Leonardo da Vinci (1452 - 1519), hielt es mit Seneca, welcher im 3. Buch seiner "questiones naturales" behauptet, die Erde sei gebaut wie der menschliche Körper und daher als lebendes Wesen zu betrachten. Noch Mitte des 17. Jahrhunderts, versammelten sich, wie Nils Bohr seinem Kollegen Heisenberg erzählt haben soll, die Mitglieder der Royal Society mitternächlich in London, um herauszufinden, ob lateinische Beschwörungsformeln einen Hirschkäfer daran hindern könnten, einen auf eine Tischplatte gezeichneten Kreis zu verlassen oder nicht. Mit Beginn des 16. Jahrhunderts wuchs das Interesse an den Naturwissenschaften ungeheuer an. Vor allem Ärzte und Theologen, die sich mit "wundersamen Dingen" außerhalb ihrer eigentlichen Fachgebiete beschäftigten, sammelten buchstäblich alles. Es entstanden die "Museen" des Michele Mercati (um 1570) in Rom, des Ferrante Imperato (um 1590) in Venedig, des Franziscus Calceolarius (um 1622) in Verona, des Botanikers, Mediziners und Theologen Olao Worm (um 1630) in Kopenhagen, das Museum metallicum des Ulisse Aldrovandi (um 1648) in Bologna, das Museum celeberrimum des Athanasius Kircher (um 1664), eines Jesuiten und Universalgelehrten, welcher sich sogar an der Entzifferung der Hieroglyphen versuchte, das Museum des Canonicus Manfred Settala (um 1664) in Mailand, das Museum der Royal Society in London (um 1650). J. D. Major zählt in seinem 1675 in Kiel erschienenen Werk nicht weniger als 157 solcher "Kunst- und Naturalienkammern"auf, darunter die so bekannter Persönlichkeiten wie: Otto von Guericke, Cardinal Richelieu, Tycho von Brahe.* Man darf sich darunter nun keine Museen im heutigen Sinne vorstellen. Alle diese "Wunderkammern" waren abenteuerliche Anhäufungen von Kuriositäten aus aller Welt. So konnte man ausgestopfte Tiere neben Malereien, Mineralien neben antiken Vasen, Knochen neben Musikinstrumenten, optische und mechanische Geräte neben exotischen Früchten, alte Handschriften und Gemmen neben präparierten Fischen sehen. In diesen Sammlungen tauchen zum ersten Male einige der Steine auf, in denen man Landschaften und Ruinen zu erkennen glaubt. |
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Paesina, polierte Platte 36 x 27 mm (Italien) |
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Zur Nomenklatur Die hier behandelten Steine sind von ihrer Zusammensetzung her Kalksteine und Mergel. Vielfältig sind die Bezeichnungen, unter denen sie beschrieben werden. Die im deutschsprachigen Raum am meisten gebrauchten sind "Landschaftsmarmor" bzw. "Ruinenmarmor", je nach Art der dargestellten Zeichnung. Im Italienischen spricht man von "marmo paesino" bzw. "marmo ruiniforme" oder "pietra paesina" bzw. "pietra ruiniforme". Die Briten bezeichnen die bei Bristol gefundenen als "Cotham stone". Ich habe bisher in Europa über 70 verschiedene Bezeichnungen für die gleichen Steine gefunden. Um einen derartigen Wirrwar aufzulösen, schlage ich die Bezeichnung (der) Paesina (sprich: pa-e-sina), Pl. (die) Paesine vor. Dieser Name hat seinen Ursprung im Italienischen (pietra paesina), bedeutet soviel wie Landschaftsstein. Diese Bezeichnung sollte ausschließlich für die hier besprochenen Kalksteine und Mergel gelten. |
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Paesina, polierte Platte 36 x 27 mm (Italien) |
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Geologisches Sedimentite "Die Sedimentite (Sediment- oder Absatzgesteine) gehen im Unterschied zu den aus Schmelzflüssen erstarrenden Magmatiten aus der Zerstörung anderer Gesteine hervor. Sie entstehen an der Erdoberfläche, während die ebenfalls aus anderen Gesteinen hervorgehenden metamorphen Gesteine größtenteils innerhalb der Erdkruste gebildet werden. An der Erdoberfläche sind alle Gesteine der Wirkung exogener, d.h. erdäußerer Kräfte ausgesetzt. Sonneneinstrahlung, Frost, Wasser, Wind und Organismen zerstören sie allmählich. Diesen Vorgang der Gesteinszerstörung durch exogene Kräfte bezeichnet man als Verwitterung."2 Sedimentgesteine oder Absatzgesteine entstehen ständig im Laufe der Erdgeschichte. Die Sedimentation erfolgt teils an Land, teils im Meer. Im Laufe der Sedimentation kommt es zu Setzungserscheinungen und Wasseraustritt, verstärkt durch das Gewicht der aufliegenden, neu entstehenden Schichten. Gleichzeitig setzen Lösungs- und Ausfällungserscheinungen ein. Diese Vorgänge, welche letztendlich zur Verfestigung führen, nennt man Diagenese. Alle diese Prozesse finden auch jetzt noch ständig um uns herum statt. Alle hier behandelten Steine sind durch Sedimentation entstanden. Die Gebirgsbildung - keine Katastrophe "Über die Dauer der Faltung und über ihre Geschwindigkeit macht man sich oft falsche Vorstellungen. Auch wenn es angesichts zerbrochener und verfalteter Schichten so scheint, war die Alpenfaltung kein plötzliches, katastrophales Ereignis. Sie dauerte über 100 Millionen Jahre, allerdings mit größeren zeitlichen Unterbrüchen. Die Bewegungsgeschwindigkeiten während der intensivsten Faltungsphasen entsprachen mit maximal einigen cm im Jahr ungefähr jenen der heute meßbaren Kontinentalverschiebungen."3 Marmor Der Name "Marmor" stammt ursprünglich aus dem Griechischen. "marmaros" bedeutet soviel wie "Felsen, großer Stein", das Verb "marmeiro" bedeutet "ich glänze". Die Begriffe "marble", "marbre", "mármol" und "marmore" haben den gleichen Ursprung. Bis heute gibt es unterschiedliche Definitionen für die Verwendung des Begriffes Marmor. Im allgemeinen Sprachgebrauch bezeichnet man im mediterranen Raum alle polierfähigen Gesteine als "marmora", sogar Alabaster, Granite, Syenit u.v.a. In Deutschland dagegen verwendet man diesen Begriff für alle polierfähigen Kalksteine und natürlich die "echten", kristallinen Marmore. Der Mineraloge wiederum bezeichnet als Marmor ausschließlich die kristallinen, metamorph, d.h. unter hohem Druck und großer Hitze, umgeformten Kalke. Der Welt bekanntestes Vorkommen des kristallinen Marmors befindet sich zweifellos in Carrara. Mergel "Mergel (ist) ein Lockergestein aus feinverteiltem kohlensaurem Kalk (Kalzit). Kalkmergel enthalten viel, Tonmergel wenig Kalzit, Sandmergel viel Sand, dolomitische Mergel statt des Kalzits Dolomit."4 Die meisten Paesine sind Kalkmergel. Herkunft und Alter Die jüngsten hier beschriebenen Paesine stammen aus dem Eozän* der Provinz Parma in Italien, die ältesten aus dem unteren Muschelkalk** von Bad Salzdetfurth in Deutschland. Es sind submarin entstandene Kalke und Kalkmergel mit Tonanteilen von bis zu 15 %. Der sog. "Cotham-stone" aus Großbritannien besteht aus Knollen fossiler Blaualgen aus dem Lias*** . |
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Paesina, polierte Platte 36 x 27 mm (Italien) |
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Entstehung der Landschaften Fast alle Autoren erklärten bisher, die landschaftsähnlichen Strukturen seien durch Zerbrechen, Verschieben und Wiederverfestigen von Partien gleichmäßig geschichtetem, unterschiedlich gefärbten Materials entstanden. Goethe macht hier den Anfang in seinen Naturwissenschaftlichen Schriften,* und es scheint, daß die nachfolgenden Autoren ihm kritiklos gefolgt sind. Folgende Fakten sprechen dagegen: 1. Wenn man ein Foto eines beliebigen Paesina entlang der Linien der vermeindlichen Verschiebung zerschneidet und versucht die einzelnen Partien dann in der vermutet ursprünglichen Form wieder zurückzuschieben, müßte ja die Abbildung eines gleichmäßig geschichteten, unterschiedlich gefärbten, kompakten Gesteinspaketes entstehen. Man wird aber, sooft man dies versucht, zu keinem auch nur annähernd befriedigenden Ergebnis kommen. 2. Besonders deutlich wird die Unhaltbarkeit derartiger Erklärungen, wenn man sich die Entstehung dieser Strukturen anhand eines Paesina vorzustellen versucht, der von allen Seiten "eingefärbt" ist. 3. Viele Paesine besitzen im Bereich der "Landschaft" eine sehr unterschiedlich farbig strukturierte Zone, angeblich stark verschoben, gleich darüber, im "Himmel" jedoch eine Zone feiner, ziemlich gleichmäßiger Streifen, welche die ungestörte Schichtung anzei- Theorie zur Entstehung der Landschaften: Nach Auswertung der zur Verfügung stehenden Literatur und eigenen Beobachtungen kommen die ruinen- und landschaftsähnlichen Strukturen nun wie folgt zustande: Durch Schrumpfung bilden sich waagerechte und senkrechte Klüfte, die ehemals durchgehenden Schichten werden in einzelne Quader unterteilt. Durch die Klüfte können Wässer, welche Metalloxide enthalten, zu den Quadern vordringen. Diese Oxide dringen von allen Seiten in die Quader ein. "Bemerkenswert ist, daß die in das Gestein eindringenden und sich durch Diffusion darin verbreitenden Stoffe oftmals Niederschläge erzeugen, die sich nicht gleichmäßig und stetig, sondern periodisch oder rhythmisch bilden. Es entstehen dadurch die sogenannten Verwitterungsringe (auch Diffusions- oder LIESEGANGsche Ringe genannt), die besonders bei feinkörnigen Sandsteinen, aber auch bei schiefrigen und kalkigen, sowie Eruptivgesteinen nicht selten sind. In ausgezeichneter Entwicklung, als braune, violette, rote und gelbe Bänder von Braun- und Gelbeisen, kann man sie unter anderem an dem bekannten tertiären Münzenberger Blättersandstein in der Wetterau beobachten."5 Zusätzlich entstehen die sog. "Dendriten" durch Einlagerung von schwarzen Manganoxiden. Sie bilden Strukturen, die verblüffende Ähnlichkeit mit Bildern von Büschen oder Bäumen haben. Agricola zitiert Camillo von Pesarro, welcher von einem Stein berichtet, "auf dem, wie in einer Ebene, sieben Bäume standen."6 Durchdringen die farbgebenden Substanzen den Quader ganz, entsteht lediglich ein interessantes Farbenspiel, nur wenn im Innern die ursprüngliche Färbung des Gesteins erhalten bleibt, finden wir eine Landschaft. Die noch nicht verfestigten Quader werden nun im Laufe der Zeit, es handelt sich hier um Zeiträume von um 40 bis 200 Millionen Jahren, durch überlagertes Material verpreßt, zu "Stein". |
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Paesina, polierte Platte 36 x 27 mm (Italien) |
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Die Herstellung von Paesina-ähnlichen Strukturen im Experiment Zur Entstehung von Strukturen, wie sie die Paesine zeigen, haben Prof. Dr. Karl-Heinz Jacob von der TU Berlin und sein Team jüngst einige sehr interessante Experimente durchgeführt. 1. Metallionenkonzentration durch elektrische Felder |
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Paesina, polierte Platte, Bildbreite 145 mm (Italien) |
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Paesina in der Literatur Über Abbildungen von landschaftsähnlichen Strukturen, Bäumen, Wiesen und Wolken in Steinen gibt es schon Nachrichten aus der Antike. So berichtet z.B. Plinius um 50 n. Chr. von den "Pontischen Gemmen" mit "Bildern von Bergen und Tälern", es ist aber möglich, daß er damit die Steine meinte, welche wir heute als Landschafts-achate bezeichnen. Dennoch behandelt er den Achat separat und schreibt von den "wunderbaren Eigenschaften", er zeigte nämlich "Bilder von Flüssen, Wäldern und Zugtieren". Interessant ist in diesem Zusammenhang, daß Plinius unter "Dendritis" nicht etwa einen Stein mit baumartiger Zeichnung versteht, sondern einen Stein, der, unter einem zum Fällen vorgesehenen Baum vergraben, verhindert, daß die Äxte stumpf werden.* Es ist überhaupt sehr schwierig und nur in den seltensten Fällen möglich, Steine, die wir bei antiken Schriftstellern beschrieben finden, eindeutig zu identifizieren und in unsere moderne Nomenklatur einzuordnen, da sogar heute selbstverständlichste Unterscheidungsmerkmale, wie z. B. die Härte oder die Wichte eines Steines kaum einmal erwähnt werden. Zum ersten Mal sicher identifizieren können wir die Paesine im Jahr 1611. Im Briefwechsel des Augsburger Kaufmanns Philipp Hainhofer mit seinem Bruder in Florenz ist "...mehrfach von Mineralien die Rede, die die Umrisse von Landschaften oder Bäumen zeigen. Diese Steine bezeichnet er oft als florentinisch"8 1628 erwähnt er "florentiner stainen, mit selbst gewachsenen landschafften".9 1655 schreibt Worm vom "Florentinum Marmor", der "teils Türme, teils Gebäude, Berge, Flüsse (und) vollständige Städte"10 zeige. 1664 findet sich erstmals eine Abbildung von Paesina, vom Autor selbst betitelt als "urbs turrita", übersetzt etwa "Stadt mit Türmen".12 Ebenfalls 1664 schreibt Terzago von "...Florentiner Steine(n), auf denen die Natur im Spiel Landschaften und Städte dargestellt hat."13 Der Hildesheimer Arzt und Sammler Friedrich Lachmund stellt in seinem Buch ebenfalls eine schöne Platte des "Florentiner buntfaerbigen Marmelstein(s)"14 vor. In einem Buch über das "Museum Kircherianum" erwähnt Buonanni 1709: "Dazu gehört auch der Marmor, der, größtenteils von aschgrauer Farbe überzogen, sich durch dunkelbraune Flecken und recht undeutliche Linien, die hierhin und dorthin auseinanderlaufen, auszeichnet., die gleichsam Gebäude, Berge und vollständige Städte zeigen, so gut dargestellt, daß sie mit einem Pinsel gemalt zu sein scheinen. Worm nannte solchen Marmor "Florentinischen" (S. 94), weil er im Gebiet von Florenz gewonnen wird."15 Am 5.2.1771 korrespondiert ein gewisser Baron Hüpsch als Naturalienlieferant und Tauschpartner mit der Markgräfin Caroline Louise von Baden und schreibt: "Ich werde bald wiedrum eine auserlesene Sammlung von Petrefacten, etc. etc. an Ihro Durchlaucht schicken, welche weit schöner als die vorherige seyn wird. Nur habe vorläufig bitten und erinnern wollen, das man für mich wiedrum eine dergleichen Sammlung von Durlaichichen Marmorarten samlen und verfertigen lasse wolle, nebst diesem eine ganze Samlung von Granit und allen andren dortigen Granitarten, Jaspisarten, Landschaftsmarmor...." Seither sind die Paesine unter den verschiedensten Bezeichnungen in den meisten Enzyklopädien, Lexika und Büchern über Edelsteine und Gesteine vertreten. 1984 erschien das Buch "Imaginäre Realitäten" von Jurgis Baltrusaitis, einem Schüler des französischen KunsthistorikersHenri Focillon. Baltrusaitis lebt in Paris und ist durch eine Reihe von Publikationen als Erforscher und Sammler abgelegener und phantastischer Kunstformen bekannt geworden. Einen Teil seines Buches widmet er den "Bildern in Stein". Mit außergewöhnlichen Abbildungen von Landschaftssteinen, auch Paesine, der Sammlung Cl. Boullè, Paris, illustriert, trug dieses Buch seinen Teil dazu bei, daß diese geheimnisvollen Steine nicht in Vergessenheit gerieten. Leider ist sowohl die deutsche, als auch die italienische Ausgabe des Werkes lange vergriffen. Anfang 1993 stieß ich auf eine Arbeit von Prof. Karl-Heinz Jacob und seinem Team vom Institut für Angewandte Geophysik, Petrologie und Lagerstättenforschung der TU Berlin.* Durch diese Arbeit wiederum wurde Uwe George, Redakteur bei der Zeitschrift GEO, im Frühjahr 1993, zu einem interessanten Artikel über Paesine mit sehr schönen Abbildungen angeregt.* |
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Paesina, polierte Platte, Bildbreite 100 mm (Italien) |
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Verwendung von Paesina in der Antike Noch 1988 schrieb Raniero Gnoli, eine Kapazität für die Verwendung von Natursteinen im mediterranen Raum: "Unbekannt schienen den Römern hingegen die ruinenartigen Kalksteine des Arno gewesen zu sein. Sie sind unter dem Namen "Paesine" bekannt."16 Daß dem nicht so war, entdeckte ich im Jahre 1990 So durchstreifte ich viele antike Städte, die Augen ständig am Boden, lag oft auf den Knien (sehr zur Verwunderung anderer Besucher) - und wurde fündig! Erstmals konnte ich die Verwendung von Paesina bis in die Zeit um ca. 200 v.Chr. nachweisen. Bei mehreren Besuchen in der im Jahre 62 n. Chr. durch ein Erdbeben verwüsteten und einen nachfolgenden Vulkanausbruch am 24. August 79 verschütteten Stadt Pompeji entdeckte ich in mehreren Fußbodenmosaiken eine ganze Reihe von Beispielen für die Verarbeitung von Paesina. Pompeji Glücklicherweise konnte ich die Stadt mehrmals besuchen, hatte auch im archäologischen Nationalmuseum von Neapel die Möglichkeit, die interessantesten Mosaike zu untersuchen. 1. Die "Casa del fauno" RegioVI, Insula 12 In einem Buch über Pompeji und Herculaneum heißt es: Im Eingang empfängt den Besucher ein Mosaik (Opus sectile) aus gleichschenkligen Dreiecken, in welchem viele Kacheln aus Paesino eingearbeitet sind. 3. Die "Villa di Cicerone" (außerhalb der Stadtmauern) 4. Paesina im Trottoir Herculaneum Trotz intensiver Suche konnte ich an keiner Stelle der nur einige Kilometer von Pompeji entfernten Stadt Herculaneum (zugleich mit Pompeji am 24. August 79 verschüttet) die Verwendung von Paesine nachweisen. Centumcellae Im Mauerwerk der sog. "Therme Taurine" im antiken Centumcellae bei Civitavecchia sind verschiedentlich Paesine wie normale Bruchsteine verarbeitet, auch im restaurierten Teil. Sie stammen aus der nächsten Umgebung. Noch heute liegt ein großer Steinbruchkomplex nur etwa 5 km entfernt landeinwärts. Akragas In den Fußbodenmosaiken der sog. "Casa dei gazelle" im römisch-hellenistischen Stadtviertel der im Jahre 581 gegründeten antiken Stadt Akragas (später Girgenti, seit 1927 Agrigento) findet man kleine Tessellae aus Paesina, welche aus den Geröllen der Flüsse Hypsas und Akragas stammen könnten, die die Stadt umfließen. Diese Mosaike stellen eine interessante Mischform aus Opus tessellatum und Opus vermiculatum dar. Paesine in Schmuck und kunstgewerblichen Gegenständen Es ist mir bisher nicht gelungen, die Verarbeitung von Paesina als Schmuckstein oder die Verwendung für kunstgewerbliche Gegenstände oder Möbel nachzuweisen. Zusammenfassung Paesine wurden in der Antike z. T. als normaler Baustoff in Form von Bruchsteinen, aber auch in Mosaiken verschiedenster Art (Opus signinum, Opus tessellatum, Opus sectile, Opus vermiculatum) verarbeitet. Nie scheint dieses Material über weitere Strecken herbeigeschafft worden zu sein, denn immer steht in der Nähe eine Fundstelle zur Verfügung. Wo dieser Ort praktisch direkt "vor der Tür" lag, wurden Paesine dann aber nicht nur vereinzelt, sondern in vielen Bereichen, besonders in den Mosaiken für die Gelb- und Brauntöne eingesetzt. Bis heute läßt sich die Verarbeitung in Möbeln und kunstgewerblichen Gegenständen, wie später häufig im 17. Jahrhundert, nicht nachweisen. Dies kann allerdings sowohl mit der in der Antike sehr spärlichen Möblierung, als auch mit der äußerst geringen Zahl an überhaupt noch vorhandenen antiken Möbeln und kunstgewerblichen Gegenständen, besonders aus Holz, zusammenhängen. Ähnliches kann für Schmuck gelten. Obwohl, wie Plinius berichtet, durchaus landschafts- und baumartige Strukturen in Steinen bekannt waren, wurden die Steine in den beobachteten Fällen offensichtlich lediglich wegen ihrer interessanten Farbe verwendet. |
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Verwendung von Paesina in der Neuzeit Möbel "Wiesen und mit Bäumen dichtbestandene Wälder sieht man am besten in den Steinen, die sie nach den Bäumen, die sie darstellen, "dendrites" nennen und die aus Etrurien in riesiger Menge nach Rom gebracht werden, um den Schmuck von Tischen, Schreinen und anderen Gegenständen zu vergrößern."18 Auch im deutschen Sprachraum wurde Paesina zu dieser Zeit für Prunkmöbel verwendet. So schrieb mir Frau Dr. Gisela Haase, stellvetr. Direktorin des Museums für Kunsthandwerk in Dresden: "Eines unserer besten Möbel, der Arbeitstisch der Kurfürstin Magdalena Sibylla, Inv.-Nr. 47 714, besitzt auf der Platte mehrere Einlageplatten aus sog. Ruinenmarmor. Der Tisch wurde in Augsburg 1628 gefertigt und wird dem Umkreis des Philipp Hainhofer zugeschrieben. Er stammt aus der Dresdner Kunstkammer." Philipp Hainhofer galt als besonderer Kunstkenner seiner Zeit, war dazu noch ein blendender Geschäftsmann. Er ließ auch den "Kunstschrank Gustav Adolfs" und den sog. "Pommerschen Kunstschrank" anfertigen; dieser befand sich im Schloßmuseum zu Berlin und wurde im 2. Weltkrieg zerstört. Einen dritten Schrank lieferte er 1628 an den Erzherzog Leopold von Österreich, welcher ihn dem Großherzog der Toskana zum Geschenk machte. Er steht heute im Palazzo Pitti in Firenze. Vom Pommerschen und vom Toskaner Schrank wissen wir, daß sie der Augsburger "Küstler", das heißt Ebenholz-Tischler, Ulrich Baumgartner (1581-1652) angefertigt hat. Einen vierten Schrank hat Hainhofer 1631 dem Herzog August von Wolfenbüttel verkauft, jetzt steht er im Rijksmuseum in Amsterdam. Sicher ist die Verarbeitung von Paesina im Kunstschrank Gustav Adolfs (siehe: Paesina als Malgrund von Miniaturen). Es ist aber zu vermuten, daß auch in den anderen drei Schränken Platten von Paesina verarbeitet wurden, denn Hainhofer hatte gute Kontakte nach Florenz, er "ließ seine Bildersteine aus Italien kommen."19 Er schreibt auch von "florentiner stainen, mit selbst gewachsenen landschafften und gebäwen" und von "aine schöne Landschafft, welche Gott vnd die natur im Florentinischen gebürg in ainem marmelstein, gleich wie eine Statt mit ainem großen Thurn (hat) wachsen lassen."20 Der sog. Schrank des Fürstprobst von Ellwangen steht heute im Schloß Ludwigsburg (Inv. Nr. L. 6002). Er wurde in Augsburg um 1670 angefertigt. Die Schubladenfronten sind mit Paesine eingelegt. Ein schöner Kabinettschrank aus 1640/50 mit eingelegten Paesine befindet sich auch im Stift Neukloster in Wiener Neustadt. Ein noch größerer, prächtiger Schrank mit eingelegten Paesine, Österreich um 1630/40, steht im Stift Lilienfeld, NÖ. Er ist publiziert im Katalog Gloggnitz mit der Nr. 6/2 und besitzt mehrere Einlagen aus polierten Paesina-Platten. Ein nahezu identisches Exemplar soll sich im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg befinden. Kleinere kunstgewerbliche Gegenstände Ein Calamaio, ein Behälter für Tinte und Schreibfedern, welches mit sieben sehr schönen Platten von Paesina verziert ist, aus dem 17. Jahrhundert in der Bibliotheca Ambrosiano, Mailand.* Eine Herkulesstatuette aus Bronze in der Kunstkammer des Kunsthistorischen Museums in Wien, 17. Jh., unpubliziert (Inv.Nr. 6010), welche einen Globus aus Paesina trägt. Ist es die Erdkugel, von der der Kopenhagener Arzt Olaus Worm, 1655 berichtet?* Ein Aufsatzkästchen mit Füllungen aus Paesina, 17. Jh., im Landesmuseum Joanneum, Abt. Kunstgewerbe, in Graz (Inv. Nr. 6.233). Paesine als Malgrund von Miniaturen Eine Besonderheit und große Seltenheit bilden geschliffene und polierte Steinplatten, welche als Landschaftshintergrund von Bildern verwendet wurden. Mir selbst sind einige solche Beispiele mit Paesina bekannt: 1. Die "Paesaggio con ponte" (Landschaftsbild mit Brücke), eine Miniatur, Ölmalerei auf Landschaftsstein aus der Bibliotheca Ambrosiana, Mailand. 2. Eine Seeschlacht, gemalt auf einem schwach strukturierten Paesina im schon erwähnten "Kunstschrank Gustav Adolfs" in Uppsala. Diesen Schrank ließ der Augsburger Kaufmann und Kunstliebhaber Philipp Hainhofer 1632 anfertigen und lieferte ihn im Auftrag der Stadt Augsburg an den Schwedenkönig Gustav Adolf. 3. Ein Bild mit einem Gebirge und einer Grotte und der hinzugefügten Darstellung des hl. Hieronymus, und Paesina in Schmuck Vereinzelt sieht man immer wieder einmal flache oder mugelige Paesine in Anhänger oder Broschen verarbeitet. Diese Stücke scheinen aber alle aus dem 20. Jahrhundert zu stammen. Herr Dr. Falk vom Schmuckmuseum Pforzheim schrieb mir dazu: "Landschafts- und Ruinen-Marmor ist mir in diesem Zusammenhang nicht bekannt. Einzelne Paesina-Platten Platten von Paesina finden sich in vielen Naturalien- und Kuriositätenkabinetten, welche bis zum 18. Jahrhundert von naturwissenschaftlich interessierten, mit dem nötigen Kapital versehenen Laien in ganz Europa angelegt wurden und natürlich auch in den geologischen und mineralogischen Sammlungen vieler Museen. So z.B. im Natural History Museum, London vier Platten, alle nicht publiziert, mit den Kat.-Nummern 3513, 3793, 8116, 8973, welche das Museum in der Zeit von 1898 bis 1937 erworben hat. Alle mit der Fundortbezeichnung: Cotham, near Bristol. In der Bibliotheca Ambrosiana, Mailand vier Platten aus der Sammlung Settala, Katalog-Nr. 201 - 204. Zu Nr. 204 vermerkt der Katalog: Im Naturhistorischen Museum Bern eine Platte aus der Sammlung F.L. Tscharner, datiert 1784, keine Fundortbezeichnung, dem Augenschein nach offensichtlich Florenz. In Goethes Sammlung zur gesamten Mineralogie in Weimar befinden sich einige kleine Einzelstück von ca. 8 x 8 cm, über deren Erwerb nichts Konkretes bekannt ist,* sowie mehrere Stücke verschiedener Größe als geschliffene und gerahmte Platten, die Goethe 1827 und 1828 über Auktionskataloge erwarb.** In den Sammlungen der Bergakademie Freiberg Rohmaterial und Anschliffe, z. T. aus der Sammlung Cotta (Erwerb 1861) und der Kollektion Dr. G. Garbari, Trento; jeweils keine Fundortbezeichnung. Auch Material der Fundstelle Klosterneuburg, NÖ, wohl um die Jahrhundertwende in die Sammlung aufgenommen. Im Museum Schloß Rheydt, Mönchengladbach eine Paesina-Platte, 6,2 x 11,6 cm aus dem 17. Jh., modern gerahmt, Inv.-Nr. S 112. Publiziert im Katalog "Die zweiten Zehn", Kat.-Nr. 139, S. 49, keine Fundortbezeichnung. Im Museum für Kunsthandwerk in Dresden eine kleine Platte Paesina, Kat. Nr. 575 (nicht publiziert), keine Fundortbezeichnung. Zusammenfassung Während des 17. und 18. Jahrhunderts wurden Paesine als schmückendes Element in hochwertigen Prunkmöbeln wie Schränken, Tischen, Sekretären und kleineren kunstgewerblichen Gegenständen verarbeitet. Allerdings sind uns lediglich einige wenige dieser Objekte erhalten geblieben. So schrieb mir z.B. Dr. Graf von Pfeil von der Bayerischen Verwaltung der Staatlichen Schlösser, Gärten und Seen. "...zuerst dachte ich, daß unsere unendlich große Möbelsammlung, welche doch alle Staatlichen Schlösser in Bayern umfaßt, doch das ein oder andere Möbel mit Ruinenmarmor aus der Zeit vor 1700 besitzt. Leider muß ich jedoch Fehlanzeige melden." Auch Rohsteine oder angeschliffene und polierte Platten wurden in den "Kunst- und Wunderkammern" gesammelt. Zusätzlich sind sie bis heute in fast allen wichtigen geologisch-mineralogischen Sammlungen vertreten. Hochburgen der Verarbeitung von Paesina heute sind Florenz und Elba. Allerdings entstehen meist nur kleinere kunstgewerbliche Gegenstände und Schmuckstücke von oft zweifelhafter künstlerischer Qualität. Auch werden die Rohsteine bis zum letzten Rest verarbeitet, eine Auswahl besonders schöner "Landschaften", bei der natürlich sehr viel unbrauchbarer Abfall entsteht, findet aus ökonomischen Gründen nicht statt. |
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Paesina, polierte Platte, Bildbreite 100 mm (Italien) |
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Bearbeitung Paesina ist, im Verhältnis zu anderen Schmucksteinen, relativ leicht zu bearbeiten. Selbstverständlich sind aber die üblichen Geräte und Maschinen zur Edelsteinverarbeitung notwendig. Der erste Schritt, meist schon an der Fundstelle, ist das Anschlagen der Steine mit dem Hammer, um erkennen zu können, wie die interessant gefärbte Schicht liegt und wie stark sie ist. "...von einem zufällig gewählten, glücklichen Sägeschnitt wird es letzlich abhängen, ob eine "Landschaft" oder nur ein wirres, undefinierbares Muster vorliegt."22 Ganz so zufällig ist der erste Schnitt natürlich bei entsprechender Erfahrung nicht, aber ist er erst einmal getan, und das Ergebnis entspricht nicht den Erwartungen, ist schon viel vom Rohstein "verbraucht". Meist jedoch hat man, nach gründlicher Untersuchung des Rohsteines, die richtige Schnittebene gewählt und ist mit dem Ergebnis zufrieden. Ist der Rohstein groß genug, schneidet man ihn im rechten Winkel zum ersten Schnitt noch einmal an, um abschätzen zu können, wie sich die interessante Schicht in den Stein hineinzieht. Nun wird der Rohstein formatiert, alles Überflüssige weggeschnitten, dann erst das übriggebliebene Stück in dünne Platten gesägt. Aus diesen wählt man mittels Schablone den interessantesten Ausschnitt und zeichnet ihn auf. Je wählerischer man ist, desto kleiner die wirklich guten Partien und desto größer der Abfall. Deshalb sind die im Handel befindlichen Steine meist schlecht proportioniert und die Qualität der dargestellten "Landschaft" ist eher dürftig. Die geschnittenen Platten werden nun mit einer Diamantsäge gemäß den aufgezeichneten Formen grob zerteilt, und die Umrisse dann per Hand auf einer Diamantscheibe fein nachgeschliffen. Der Feinschliff der Oberfläche erfolgt am besten automatisch auf einer Vibrations-Flächenschleifmaschine mittels immer feinerer Körnungen bis 1000 oder 1200. Poliert wird von Hand mit verschiedenen Poliermitteln auf diversen Medien. Je nach Höhe des Tongehaltes im Kalkstein, entweder mit Diamant auf Holz, Aluminiumoxid oder Ceroxid auf Filz, oder anderen, oft sehr exotischen Materialien. Jeder Schleifer hat sein eigenes Rezept. Je nach Größe der Steins dauert die Handpolitur bis zu 10 Minuten, es gibt jedoch keine andere Methode, welche qualitativ ähnlich gute Ergebnisse bringt. |
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Paesina, polierte Platte, Bildbreite 100 mm (Italien) |
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Fundbedingungen Viele Paesine werden auf sekundärer Lagerstätte gefunden, d.h. mehr oder weniger weit entfernt von ihrem Ursprung, entweder im Hangschutt oder als Geröll in Flüssen und am Strand. Das erschwert die korrekte Zuordnung zu einer bestimmten Schicht sehr. Funde im Geröll haben aber den Vorteil, daß das gefundene Material schon eine "Qualitätskontrolle" hinter sich hat. Alle weichen, brüchigen oder fehlerhaften Stücke haben den Transport nicht überstanden; die wenigen Stücke, die bleiben, sind von relativ guter Qualität. Bei Fundorten in Flußbetten kommt natürlich der gesamte Einzugsbereich des Flusses oberhalb der Fundstelle als möglicher Herkunftsort des Gesteins in Frage. Auch nach tagelanger Suche ist dieser Ort oft nicht zu bestimmen. Manchmal ist aufgrund der verschiedenen "Typen" zu vermuten, daß Gesteine mehrerer Fundstellen im Flußbett zusammengeschwemmt wurden. Bei Funden im Hangschutt kann man den ursprünglichen Ort der Entstehung, die primäre Lagerstätte, schon genauer eingrenzen. Er muß sich zwangsläufig irgendwo oberhalb der Fundstelle befinden. Aber auch hier ist eine genaue Lokalisation, wenn überhaupt, nur unter großen Schwierigkeiten möglich, da die Hänge, besonders im Apennin, steil und rutschig sind, dicht bewachsen mit Ginster, Kastanien und Eichen. Auch fehlen gerade in Italien gute, aktuelle geografische und geologische Karten, so daß ich mich meist nur auf die wenigen, mir zu diesem Thema zugänglichen Literaturstellen berufen kann. Die berühmteste Fundstelle von Paesina, bei Florenz in Italien ist, wie aus der Gestalt der von dort stammenden Platten hervorgeht, eine primäre Lagerstätte. Obwohl Exemplare aus dieser Fundstelle schon seit einigen hundert Jahren bekannt*, und in allen großen Sammlungen vertreten sind, ist es mir noch nicht einmal gelungen, die Lage des Fundortes zu erfahren, so gut wird das Geheimnis gehütet. Ein einheimischer Fachmann für die sog. "pietre dure"-Arbeiten spricht von "einer Grube auf dem Gelände eines Weingutes in der Nähe der Stadt", ein anderer wollte wissen, der Besitzer habe den Abbau wegen Schwierigkeiten mit den Behörden eingestellt. Das Vorkommen von Bad Salzdetfurth, ebenfalls primär, ist mir genau bekannt. Hier läßt sich der Paesina geologisch sehr exakt einordnen. Leider ist die Schicht z. Zt. nicht mehr zugänglich, aber bei einer Erweiterung des Steinbruches besteht sicher wieder die Möglichkeit neuer, schöner Funde. |
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Paesina, polierte Platte 67 x 38 mm (Italien) |
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Fundorte A. Italien Am besten lassen sich Paesine als Gerölle in Flüssen oder Bächen finden. Dort sind Steine aus einem großen Einzugsgebiet zu Kiesbänken zusammengetragen. Sehr gute Fundstellen sind die "Torrente", das sind Flüsse und Bäche, welche im Sommer trockenfallen und gut abgesucht werden können. 1. Torrente Trebbia/Emilia 2. Torrente Nure/Emilia 3. Cantalupo/Ligurien 4. Torrente Ceno/Emilia 5. Monte S. Antonio/Emilia 6. Ferrara*/Emilia 7. Imperia/Ligurien 8. Braga** 9. Florenz/Toscana b. Fundstelle campo bianco*** 10. Florenz-Pontasieve/Toscana 11. Florenz-Rignano/Toscana 12. Fiume Cécina/Toscana 13. Frassine/Toscana 14. Civitavecchia/Latium 15. Pompeji/Campania 16. Val di Noce bei Maratea/Calabrien 17. Agrigent/Sizilien B. Österreich* 1. Seekirchen/Salzburg** 2. Ölgraben/Salzburg 3. Haunsberg, bei Berndorf/Salzburg*** 4. Plainberg/Salzburg**** 5. Mattsee/Salzburg***** 6. Untergrünburg/OÖ.****** 7. Kirchdorf/OÖ.******* 8. Steyr, Raming/OÖ.* 9. Waidhofen, Ybbs/NÖ. b. Fundstelle Bruckbach c. Fundstelle Stoka-Allhartsberg/Sonntagberg d. Fundstelle Sonntagberg e. Fundstelle Bruckbach-Sonntagberg f. Fundstelle Luegerbach g. Steinbruch Luegergraben h. Funstelle Schleifsteinstollen 10. Gresten im kleinen Erlauftal/NÖ. 11. Wilhelmsburg an der Traisen* 12. Stollberg/NÖ.** 13. Neulengbach 14. Korneuburg/NÖ. 15. Klosterneuburg/NÖ.**** C. Tschechische Republik 1. Böhmen.* D. Bundesrepublik Deutschland 1. Bad Salzdetfurth. Von Hildesheim fährt man auf der B 243 Richtung Bad Salzdetfurth. Kurz hinter Wesseln geht ein schlechter Feldweg links ab zum Steinbruch am Turmberg. Vor dem Sammeln Genehmigung einholen bei Herrn Kleintje vom Sägewerk in Wesseln. Geologisch gehören die Schichten zum Wellenkalk der Trias. 2. Hessen.* E. Großbritannien 1. Umgebung von Bristol.
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Paesina, polierte Platte 67 x 38 mm (Deutschland) |
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Nachwort Die Zusammenstellung dieses Materials erfolgte innerhalb der letzen vier Jahre bis ca. Mitte 1993. Der Schwerpunkt meiner Suche nach Fundstellen war, historisch begründet, Italien. Zu meiner Überraschung zeigte sich, daß es besonders in Österreich eine Vielzahl von Sammlern gibt, welchen diese Steine gut bekannt sind, und die mir viele Informationen, speziell zu den österreichischen Fundstellen zukommen ließen. Es ist zu vermuten, daß auch in anderen europäischen Ländern Sammler einheimische oder ausländische Fundstellen kennen, welche ich nicht aufgeführt habe. Auch existieren sicherlich noch viele mir unbekannte Möbel, z.B. in Frankreich, und Literatur, speziell des 16. und 17. Jahrhunderts. |
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Paesina, polierte Platte 67 x 38 mm (Italien) |
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Synonyme für Paesina (alphabetisch) Alberese del fiume Arno undat. del Riccio Synonyme für Paesina (chronologisch) Gemma Pontica um 50 Plinius |
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Paesina, polierte Platte 67 x 38 mm (Italien) |
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Bibliografie: AGRICOLA, Georg De natura fossilium, Basel 1546 ALDROVANDI Musaeum metallicum, Bologna 1648 ARISTOTELES Opera omnia, Ausgabe Paris 1848 AVICENNA De congelatione lapidum BACCI, Andreas De gemmis et lapidibus, Frankfurt 1643 BALTRUSAITIS, J. Imaginäre Realitäten, Fiktion und Illusion als produktive Kraft, Köln 1984 BLÜMNER, Hugo Technologie und Terminologie der Gewerbe und Künste bei Griechen und Römern, Leipzig, 1884 BOCCONE, Paolo Recherches et observationes narurelles, Paris 1671 BUFFON, Georg Louis Histoire naturelle generale, dtsch BUONANNI, Philippo Museum Kircherianum, Rom 1709 CALZOLARI, Francesco Musaeum Franc. Calceolarii, Verona 1622 CARDANUS, Hieronymus De Gemmis & coloribus, Basel 1585 COARELLI, Filippo (Hrgb.) Pompeji, Archäologischer Führer, B. Gladbach,1990 COMMENDA, H. Materialien zur Geognosie Oberösterreichs, 1900 ECO, Umberto Das Foucaultsche Pendel, München 1989 ENTZELT, Christoph de re metallica, Frankfurt 1551 FISCHER, Karl Edelsteinbearbeitung , Stuttgart 1985 FITZ, O. u. H. Wieneck Zur Geschichte des k.k. Schleifsteinbergbaues zu Waidhofen a.d. Ybbs 1799 -1814 und zur Biographie von Johann Engleitner 1771-1807 in: "Die Schleif- steinbruch-Manipulation", Miskolc-Waidhofen 1990 GEORGE, Uwe Ein neues Bild der Erde "Landschaftssteine fordern die Wissenschaft heraus" in: GEO 4/93 GESSNER, Conrad De rerum fossilium, Tiguri 1566 GNOLI, Raniero Marmora Romana, Rom 1988 GOETHE, J. W. von Naturwissenschafliche Schriften, Weimar 1892 HAJEK, Gustav v. Großer Handatlas der Naturgeschichte aller drei Reiche, 1885 HOHL, Rudolf (HRGB) Die Entwicklungsgeschichte der Erde, Leipzig 1985 HUBER, Simone u. Peter Das Mineralienkabinett im Stift Seitenstetten in: LAPIS Mineralien-Magazin 4/88 IMPERATO, Ferrante Della historia naturale libri XXVII, Napoli 1599 INVENTARBLÄTTER des Württembergischen Landesmuseums Stuttgart JACOB, Karl-Heinz, Lagerstättenbildung durch Energiepotentiale in der KATALOG zur Ausstellung "Barock in Baden-Württemberg" des Badischen Landesmuseums Karlsruhe im Schloß Bruchsal 1981 "Eroberung der Landschaft" der NÖ Landesausstellung in Gloggnitz 1992 KAYSER, Emanuel Lehrbuch der Allgemeinen Geologie, Stuttgart 1921 KENTMANN, Johann De omni rerum fossilium genere, 1565 KREISEL, H. Die Kunst des deutschen Möbels, München 1968 KRAEMER, Hans (Hrgb.) Der Mensch und die Erde, Berlin 1908 KRAUS u. v. MATT Pompeji und Herculaneum, Köln 1973 LABHART, Toni P. Geologie der Schweiz, Bern 1985 LACHMUND, Friedrich Oryctographia Hildesheimensis, Hildesheim 1669 LEGATI, Lorenzo Museo Cospiano, Bologna 1677 LEUNIS, Johannes Schul=Naturgeschichte, Hannover 1870 LEXIKA Brockhaus, 1898 LIESEGANG, R. Geologische Diffusionen, Dresden/Leipzig 1913 PRESCHER, H. Goethes Sammlungen zur Mineralogie, Geologie MAJOR, Johann Daniel Vorstellung etlicher Kunst- und Naturalienkammern, Kiel 1675 MAYER, Gaston Baron HÜPSCH in Köln als Naturalienlieferant und Tauschpartner der Markgräfin CAROLINE LOUISE VON BADEN 1769-1783 in: "der Aufschluß" 11/77 MERCATI, Michele Metallotheca Vaticana, Rom 1719 MORONI, Aldo I Minerali del Parmense , Parma 1988 NEUMAYR, Melchior Erdgeschichte, Leipzig 1886/87 OKEN, Lorenz Allgemeine Naturgeschichte für alle Stände, OSTWALD, W. Die Welt der vernachlässigten Dimensionen 1915 PLINIUS, Secundus Gaius Naturalis historia, edidit Carolus MAYHOFF, PLINIUS, Secundus Gaius Naturgeschichte, i.d. Übersetzung von STRACK, Darmstadt 1968 RUEUS, Franziscus de gemmis aliquod, Tiguri 1566 RUMPH, Georg E. D` Amboinsche Rariteitkammer, Amsterdam 1705 SCALIGER, Julius Caesar Exoticarum Exercitationem, Frankfurt 1576 SCHUMANN, Walter Edelsteine und Schmucksteine, München 1976 SCHWAHN, Christian Praktische Edelsteinkunde, Berlin 1966 SIGMUND, A. Die Minerale Niederösterreichs, 2. Auflage, 1937 STÜTZ, Andreas Mineralogisches Taschenbuch, ...von Unteröster- reich..., 1807 SYMES, R. F. u.a. Gesteine & Mineralien, Hildesheim 1988 TERZAGO, Paolo Maria Museo ò Galeria Adunata dal Sapere, e dallo Studio Del Sig. Canonico Manfredo Settala..., Tortona 1666 TERZAGO, Paolo Maria Musaeum Serptalianum Manfredi Septalae Patrii Mediolanensis industrioso labore constructum... Violae, Tortona 1664 VITRUV De architectura libri decem, in der Übersetzung von FENSTERBUSCH, Darmstadt 1964 WEIDMANN, Josef Das Erkennen und Sammeln der Minerale und Gesteine, Wien 1963 WORM, Olaus Musaeum Wormianum, Amsterdam 1655
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Paesina, polierte Platte 67 x 38 mm (Italien) |
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Fußnoten
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